Mittwoch, 28. Oktober 2015

REZENSION "Was immer du willst" von Shelby Reed



Billie Cort soll für die Zeitschrift Illicit einen Artikel über den exklusiven Male-Escort-Club Avalon schreiben. Bis zu 1000 Dollar bezahlen hier Frauen für eine Nacht mit dem Mann ihrer Wahl. Sogar Adrian, der begehrteste Mann im Illicit, wird ihr für ein kurzes Interview zur Verfügung stehen. Die Begegnung mit ihm verändert das Leben der schüchternen Reporterin. Denn noch nie hat die sie ein solches Verlangen gespürt wie für den verschlossenen Escort mit den dunklen Augen …

Seitenanzahl: 397
Preis: 9,99 EUR
ISBN: 978-3-453-41887-2
Verlag: Heyne





Cover:

Diese Bild repräsentiert für mich die Welt des Avalon. Glamourös wirkt die glänzende Perlenkette, dessen Schimmer den Fokus auf sich lenkt und durch die Marmorplatte wiedergespiegelt wird. Ebenso das Sektglas, indem das prickeln der Kohlensäure ersichtlich ist setzt ein Highlight. Durch das cremefarbene Seidentuch erhält das Gesamtbild weichere Züge. Ein wirklich gelungenes Cover. 


Meinung:

Wenn man sich sicher und geliebt fühlt und sich seiner Sache gewiss ist, können Lust und Befriedigung irgendwann zur zweiten Natur werden, ganz vertraut, zuverlässig und bestätigend. Aber Billie hat nicht das Gefühl, sich gefahrlos einem Mann hingeben zu können. Es ist ein Gedanke, der sie erschreckt. Ebenso ist es für Adrian nahezu unmöglich sich außerhalb des Avalon auf etwas einzulassen. Als Adrian hat er nicht nur eine Fassade, sondern eine ganz eigene Welt um sich herum erschaffen, doch "Zio" - wie er von seiner Familie liebevoll genannt wird - möchte nichts über seine private Sphäre preis geben. 
Auch die Illict Reporterin Billie beißt auf Granit, doch ihr Wille hinter die Fassade des Mannes zu gucken der so viel widersprüchliche Gefühle in ihr auslöst, bleibt ungetrübt und so schafft sie es, Stück für Stück das Herz des Mannes zu gewinnen, der sich seit acht Jahren hinter Adrian versteckt. 


>>Und wenn wir uns das nächste Mal treffen, werden wir den Termin absolut professionell durchziehen, stimmt's?<< Sein Lächeln war grimmig. >>Da können Sie wohl nur für sich selbst sprechen, Ms. Cort.<<

Adrian hat sich selbst mit dem Avalon keinen Gefallen getan, so verlockend diese Flucht als zwanzig-jähriger auch gewesen sein mag, so hat Azure die Männer nach ihrem Muster geformt und manipuliert, indem sie eine Sphäre vermittelt hat, die einer großen Familie gleich kommen soll. Der Job eines Callboy wird heute noch häufig verschrien. Ich selbst finde es nicht schlimm, sofern man den gesundheitlichen Aspekt beachtet und darüber hinaus nicht vergisst, wer man selbst ist und das hinter jedem Kunden eine Persönlichkeit steckt und nicht nur eine abzuarbeitende Terminliste.
Der Ausbruch von Adrians Schwester Rosie liegt glaube ich viel mehr darin begründet, dass das Avalon der Grund dafür war, dass sich Adrian über so viele Jahre von der Familie entfremdet hat, als seine Tätigkeit selbst. 

Und wenn er sie wiedersah, würde er verdammt nochmal sein Bestes geben, um sich gegen ihre verführerische und unschuldige Anziehungskraft, die sie zu einem solch seltenen Kunstwerk in seiner Welt machte, zu wappnen.

Azure mag einem erst einmal als Frau erschienen, die sich um die Männer im Avalon sorgt und sie behütet. Doch schnell stellt sich heraus, dass dieses Erscheinungsbild nur dazu dient, die Fassade aufrecht zu erhalten die das Avalon nach außen hin bietet. Wenn es nach ihr geht, dürfen die Männer unter keinen Umständen unnachgiebig oder gar eigensinnig sein. Die Reporterin Billie macht ihr jedoch einen gehörigen Strich durch die Rechnung, denn von ihrer Natürlichkeit verzaubert, merkt auch Adrian schnell, was ihm im Avalon über Jahre hinweg verwehrt geblieben ist.

Man hat nicht immer die Wahl. Das Leben klopft nicht als fest eingeplanter Termin an die Tür wie im Avalon. Adrian braucht die Beständigkeit, die ihm der Alltag des Avalon bietet. Nicht nur Billie nimmt ihm diese Beständigkeit, auch sein Freund Luke, geplagt von Schuldgefühlen, wagt einen Schritt, der Adrian in ein schwarzes Loch zieht.  

Aber hinter dem ganzen Sarkasmus, unter den flapsigen Ausreden, lag ein Ultimatum. Liebe mich so, wie ich die liebe, sonst sterbe ich. 

Es liegt glaube ich in der Natur des Menschen, ein Schutzschild um sich herum aufzubauen, wenn man verletzt wird und dieses Gefühl wieder zu geben. Bei Adrian und Billie wird das schon zu einer Art Ritual, denn sie schlagen vorsätzlich zurück und fügen einander absichtlich erheblich mehr Schmerz zu. Auch wenn für Billie anfangs ihr Bericht über das Avalon im Vordergrund stand, so ist dieses Ziel schnell verblasst und ihre eigene Neugier auf den Callboy Adrian hat an Priorität gewonnen. Viele Informationen die der geheimnisvolle Mann ihr gegenüber preisgibt liegen in ihren Händen und haben die Macht sein Leben auf den Kopf zu stellen, wenn nicht sogar zu zerstören. Reporter kennen keine Grenzen und machen keinen Halt, wenn sie eine Story wittern, die ihnen Erfolg einbringt ungeachtet dessen, was das für den Betroffenen bedeutet. 
Was ist Billie wichtiger? Ihre Karriere im Illict oder das Vertrauen von Adrian, einem Mann der ihr Einblicke gewährt und sich geöffnet hat, wie er es selbst seiner Familie gegenüber nicht konnte.


Charaktere:

Billie ist ein Schatz in einer Welt, die von Oberflächlichkeit durchzogen ist. Mit Geld stehen einem viele Wege offen, doch Billie besitzt etwas viel wertvolleres. Sie schenkt Vertrauen und bemüht sich das wahre Ich eines Menschen zu sehen. 

Adrians Liebe Billie gegenüber macht ihn menschlicher, fehlbarer, greifbarer. Durch ihre Natürlichkeit findet er in ihr, was er zuvor bei keiner Frau bzw. Kundin gefunden hat. Doch reicht die Liebe aus, um die Mauern einzureißen, die er acht Jahre um sich herum errichtet hat um zu erkennen, dass Azure niemals sein Wohlergehen im Sinn hat, sondern immer nur auf ihren Vorteil bedacht ist?


Schreibstil:

Shelby Reed hat Billie und Adrian Protagonisten geschaffen, die man trotz ihrer nervenaufreibenden Ecken und Kanten schnell ins Herz schließt. 
Schon bei den Namen "Illict" und "Avalon" hört man heraus, dass es sich um hochwertige Unternehmen handelt. Zwei Branchen die gegensätzlicher nicht sein können, da das Illict Geheimnisse aufdecken und das Avalon Geheimnisse bewahren möchte. 
Ein Kontrast, der durch das Gespann der Protagonisten, sowie Azure noch hervorgehoben und gut ausgearbeitet wurde.

Das hin und her zwischen Adrian und Billie, dass immer auf das Gleiche hinausläuft, denn anderen nur noch mehr zu verletzen indem Karten ausgespielt werden, bei denen man weiß, dass sie Salz in einer offenen Wunde sind, waren einerseits zwar realistisch, doch haben Auseinandersetzung dieser Art meiner Ansicht nach zu viel Platz in der Geschichte eingenommen. 
Nach der Beziehung mit ihrem letzten Freund, hat Billie Probleme sich auf etwas Neues einzulassen. Doch was genau ist vorgefallen, dass Billie sich so sehr in Zurückhaltung übt? Ein Geheimnis das nicht ans Tageslicht gekommen ist und ihren Charakter dahingehend schwer einschätzbar macht.

Was ich wirklich sehr schade fand, ist die Sichtweise des auktorialen Erzählers. Obwohl er allwissend ist, habe ich bei dieser Perspektive immer das Gefühl von Distanziertheit den Charakteren gegenüber. Viel lieber tummle ich mich in den Gedanken zumindest einer der Protagonisten herum um eine tiefere Bindung aufbauen zu können. 

Trotz der Kritikpunkte, die zwei Eulchen Abzug bedeuten, war die Geschichte lesenswert. Die Autorin verdeutlicht, dass man manchmal einen Schubs in die richtige Richtung braucht, um dem zu entfliehen wofür man selbst nicht stark genug ist. 


Bewertung:






Zur Autorin:

Ihren ersten Roman schrieb Shelby Reed über den Märchenprinz. Trotz ihrer idealistischen Anfänge liebt sie realistische Figuren mit vielen Facetten, intensive Gefühle und das immer wieder mögliche Happy End. Wenn Sie nicht an ihrem Computer sitzt, zeichnet sie, legt Tarotkarten und lebt ein idyllisches Leben mit ihrem eigenen Märchenprinz im Norden Floridas.


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- Heyne -




Danke!








Original Titel:
The Fifth Favor

Original Cover:

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