Freitag, 1. Januar 2016

REZENSION "Just Another Try" von Kathi B.


Amanda ist vom Leben mehr als enttäuscht, das sie von einem Tief ins nächste schickt. Ihr Freund entpuppt sich als Arsch, sie muss erkennen, dass sie schon vor Jahren einen folgenschweren Fehler begangen hat und wird auch noch wegen seiner extremen Eifersucht in eine Messerstecherei verwickelt. Sie trifft daraufhin eine Entscheidung, die ihr Leben von Grund auf verändert und sie in die Arme eines Mannes treibt, der ihr völlig unerwartet den Halt gibt, den sie braucht, um ihre geschundene Seele wieder zusammen zu flicken. Marc bringt Licht in ihr Leben und zeigt ihr eine bis dato völlig unbekannte neue Seite an ihr, doch auch er bringt eine Vergangenheit mit sich, die ihre Liebe überschattet…



Seitenanzahl: 738
Preis: 2,99 EUR
Verlag: Amdora


Cover:

Farbgebung, Hintergrund, sowie die beiden Personen - der Mann muskulös und die Frau zierlich - geben ein wunderschönes Bild ab. Die warmen Farben wirken harmonisch, weshalb ich glaube, dass sich dieser Ausschnitt eher auf das Ende der Geschichte bezieht. Dieses Bild in Form von Postkarten und Lesezeichen würde ich mir eingerahmt ins Zimmer hängen <3


Meinung:


Das erste Zusammentreffen von Amy und Marc stand gleich unter einem schlechten Stern. Amanda wurde niedergestochen, da ihr Freund John einfach nicht sein Temperament zügeln kann und Marc ist ihr behandelnder Arzt. Trotz des schrecklichen Hintergrunds ihres Krankenhausaufenthalts, bekommen wir zumindest von Amanda schon einmal einen ganz guten Eindruck, denn selbst mit ihrer schweren Verletzung ist sie ganz schön keck, was ihre Antworten auf die Fragen des Arztes angeht. Diese feurige Art, gehört zu einer Amanda, die elf Jahre an der Seite eines Mannes verbracht und sie negativ beeinflusst hat. Über all die Jahre kam es immer häufiger zu Zwischenfällen, die sie aus "Liebe" zu ihm hingenommen hat. Sie will einen Schlussstrich unter diesen Teil ihres Lebens ziehen, bringt den nötigen Mut auf und ist bereit, Johns mitwirken bei ihrer Verletzung zu verheimlichen, um ihm ebenfalls einen Neuanfang ermöglichen zu können. Das eine Trennung nicht rosig verläuft, dürfte wohl jedem klar sein, doch hier hat John eine Seite von sich gezeigt, die weit über das gewöhnliche Drama hinaus geht und die lebhafte und aufgeweckte Amy so sehr traumatisiert, dass sie zu einem Schatten ihrer selbst wird.


So konnte es mit mir doch echt nicht weiter gehen, wie konnte ich von jemanden verlangen, dass er mich liebte, wenn ich es selbst nicht einmal tat ...?


Für Außenstehende, die auf die Beziehung von Amy und John blicken ist klar, dass man hier nicht von Liebe sprechen kann. Dennoch kann ich Amanda keinen Vorwurf daraus machen, dass sie sich erst so spät aus seinen Fängen lösen kann. Liebe macht blind und er war der erste Mann an ihrer Seite, weshalb sie keinerlei Vergleichsmöglichkeiten hat, wie sich wahre Liebe zu einem Mann anfühlt. Schon vor dem Übergriff, hat sie John zu viel durchgehen lassen, aus Angst, seinen Zorn auf sich zu ziehen. 

Marcs erstes Auftreten hat mir einen Arzt gezeigt, der vollkommen in seinem Element ist. Er stellt routinierte Fragen und behält einen kühlen Kopf. Doch sobald wir tiefer in seine Gedankenwelt eintauchen, wird klar, dass diese Distanziertheit weitreichendere Hintergründe hat, als die normale Zurückhaltung zwischen Arzt und Patient. Mit Kelly hat er vor Jahren diese Grenze überschritten und damit bezahlt, dass seine offene und herzliche Art einer Fassade aus Vorurteilen und Kälte gewichen ist. Nichts desto trotz ist er ein wundervoller Arzt, denn er kann sich Fehler eingestehen, betrachtet diese umfänglich und lernt aus ihnen.


Während ich auf Socken zu dem bodenlangen Fenster tappte, stellte ich mein Glas auf dem Tisch ab, um den unwirklichen Ausblick tief in mir aufnehmen zu können, denn so etwas Wunderschönes hatte ich bisher noch nie gesehen, und dass ich nicht mit beiden Händen an die Scheibe patschte und mir die Nase an selbiger plattdrückte, war echt alles. Scheiße war das schön.


Was macht einen guten Arzt aus? Das er einem das Gefühl vermittelt, dass er einem glaubt, einem zuhört und die richtige Mischung aus Distanz und ärztlicher Fürsorge wart. Dennoch können einem manche Schicksale nicht so unberührt lassen, wie es in seinem Beruf ratsam wäre. Amys Liste von Verletzungen und Verlusten wird immer länger und immer ist er es, der sie auffängt und an ihrer Seite steht. Sie hat keine Freunde und den Kontakt zu ihren Eltern hat sie dank John schon vor Jahren abgebrochen. Marc ist ein herzlicher Mensch, der diese bekannte Seite an sich neu entdeckt. Amys Schicksal wird zu seinem und so beginnt für beide ein langer Weg voller Hürden.

Marcus Schwester Allison ist modebewusst und hat den Spürsinn, einzigartige Momente in Form von Fotos einzufangen. Obwohl sie auf mich anfänglich oberflächlich wirkte, hat sich dieser Eindruck schnell verflüchtigt. Sie ist eine liebevolle Mutter, die ihre beruflichen Ziele mit Eifer verfolgt, ihre Töchter Rosalie und Theresa, jedoch immer an erster Stelle setzt. Auch sie hat in ihrem Leben einen wichtigen Menschen verloren und übernimmt gleich die Rolle beider Elternteile. 

>>Er soll die fehlenden Stücke mit seinem Herzen füllen, damit es deinem Herzen bald besser gehen wird.<<


Betrachtet man die erwachsenen Geschwister, scheint es unmöglich, dass sie solche Eltern haben. Clarisse und ihr Mann legen auf Macht, materielle Besitztümer und ein angesehenes Image einen großen Wert. Welcher Charakter sich hinter Ruhm und Macht verbirgt ist bei ihnen mehr als nebensächlich. Doch auch hier schleicht sich das Bild von Vorurteilen ein, auch wenn es durch Clarisse Verhalten begünstigt wird. Amanda hat in ihrer Vergangenheit mit John einige Fehler begangen, die sie sich immer wieder selbst vorhält. Dennoch kommt es darauf an, wer man ist und nicht was man ist. Mit ihrem verbalen Angriff, ist Marcs Mutter zu weit gegangen und doch war es gerade dieser, der in Amanda einen Verteidigungsinstinkt geweckt hat, der auch der verblendeten Frau einmal die Augen geöffnet hat. Clarisse Geschichte ist keine Entschuldigung für ihr Verhalten, dennoch macht es ihre Handlungen um einiges verständlicher. Ich bin der Meinung, dass dieser Charakter auch ein Beispiel dafür ist, wie sich Amanda im Laufe der Jahre hätte entwickeln können, wenn sie nicht von John losgekommen wäre.

Die Zeit vergeht und John ist seit Monaten kein Bestandteil mehr in Amys Leben, dennoch beherrscht er sie nach wie vor. Noch ein großer Schritt steht ihr bevor um mit dem vergangenen abschließen zu können und hoffentlich den Weg zu ihrem alten, weniger ängstlichen und verschrecktem Ich zu finden. Neben Marc und Allison, spielen Rose und Theresa keine unwesentliche Rolle dabei, sie zu erden. Mit ihrer kindlichen Art verzaubert Theresa ungemein, auch wenn sie oftmals ein ungünstiges Timing an den Tag legt.

Dass John eine dunkle Seiten in sich trägt, hat er über die Jahre immer wieder bewiesen. Er hat einen Trumpf in der Hinterhand, denn er ausspielt, da er genau weiß, wo die Schwächen der Frau liegen, die elf Jahre seine Launen ertragen musste. Sind Amy und Marc stark genug, die nicht enden wollenden Hürden zu meistern? 


Charaktere:

Amy hat John einen Neuanfang ermöglichen wollen und dadurch einen Weg voller Leid und Schmerz erfahren. Die alte Amy wurde durch jemanden ersetzt, der alles in Frage stellt, schreckhaft ist und selbst nicht an sich und ihr Können glaubt. Marc bringt ihr Verständnis und Geduld entgegen. Durch ihn erfährt sie das erste Mal, wie es sich wirklich anfühlt von einem Mann geliebt zu werden und verliebt zu sein. Doch wird sie nach ihren traumatischen Erfahrungen jemals wieder bereit sein, sich vollkommen zu öffnen?

Marc ist Arzt mit Leib und Seele. Ihn lässt das Schicksal seiner Patienten nicht kalt. Auch wenn es in seinem Job wichtig ist, eine gewisse Distanz zu wahren, hat er es damals bei Kelly nicht geschafft, Abstand zu halten und ist in eine Sache hineingeraten, die den unbeschwerten und fröhlichen Menschen überschattet hat. Mit Amanda tritt eine rasante Wendung in sein Leben und gerade sie ist es, die den alten Marc wieder ans Tageslicht bringt.


Schreibstil:

Kathi B. hat mit dieser Geschichte in vielerlei Hinsicht ihr Talent gezeigt. 738 Seiten vereinen unglaubliche viele Handlungen, ein umfangreiches Spektrum an Gefühlen und Emotionen und dennoch wirkt es keines Falls überladen. Die Handlung baut aufeinander auf, wir lernen die Charaktere Stück für Stück näher kennen und das in einem perfekten Tempo. Detailreich beschrieben sind sowohl die Gefühlslagen der Charaktere, als auch ihre Umgebung die es mir ermöglicht hat nicht nur in die Welt einzutauchen, sondern vollkommen in ihr zu versinken.

Die Sichtweise beider Protagonisten betrachten zu können finde ich immer sehr wichtig, denn hier hat die Autorin einen Standpunkt beleuchtet, der mir vorher nicht in diesem Ausmaß in den Sinn gekommen ist. Nach dem Übergriff auf Amanda, muss sie erst einmal wieder Vertrauen fassen können, dennoch ist es für Marc ebenso schwer auf sie zu zugehen. Wie weitreichend seine Gedanken jedoch sind, hat ihn mir noch sympathischer erscheinen lassen, denn er nimmt sich über Monate zurück ohne ihr jemals Vorwürfe zu machen. 

Auch die "Dreier-Konstellation" von Marc, Amanda und Kelly war gut ausgearbeitet. Die Reaktionen der Protagonisten sind beide verständlich, wobei ich sagen muss, dass ich Amanda öfter Recht gegeben habe. Niemand erwartet, dass Kelly keine Rolle mehr in seinem Leben spielt, doch beweist er oftmals, dass es bei ihm nicht nur bei Erinnerungen an sie bleibt.

Eine unglaublich tolle und berührende Geschichte. Ich hoffe sehr, dass wir bald mehr von Kathi B. lesen können. 


Bewertung:




Zur Autorin:

Mein Name ist Kathi und ich bin 25 Jahre alt (oder jung, je nachdem ;-)). Aufgewachsen bin ich mit sieben Katzen im beschaulich urigen Sauerland, das wahrscheinlich wenig von Ihnen etwas sagen dürfte, aber wenn ich die Biermarken Warsteiner und Veltins erwähne, deren Brauereien sich in gut zu erreichender Nähe meines Heimatdörfchens befinden, kann man diesen wunderbaren Landstrich vielleicht schon eher einordnen. 

Nach einer Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin habe ich mich dazu entschlossen, meinem Wissensdurst nachzugeben und mich noch weiter zu bilden. Nun bin ich Sozialpädagogin und arbeite in einer Wohngruppe für Jugendliche im schönen Paderborn, wo ich momentan auch lebe. 

Wie ich ans Schreiben gekommen bin, kann ich nicht genau sagen, weil ich es nicht weiß. Ich mache es einfach schon immer, so lange ich denken kann (steht sogar in einem meiner Grundschulzeugnisse). Irgendetwas spukt mir ständig im Kopf herum und ich habe so lange keine Ruhe, bis ich es endlich niedergeschrieben habe. Somit nimmt das Schreiben von Geschichten, Gedichten und Kurztexten einen hohen Stellenwert auf meiner Hobby-Liste ein. Vielleicht bin ich gerade deshalb auch ein großer Fan von Poetry-Slams. Ansonsten male ich auch viel und bin ein ausgeklüngelter Serien- und Kinojunkie.



Danke!

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